BGH verweist Klage wegen Gebraucht-Software an europäischen Gerichtshof

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Der Streit zwischen den Software-Herstellern, in erster Linie Oracle, Microsoft und Adobe, auf der einen Seite und den Anbietern »gebrauchter« Software, ein erster Linie die usedSoft GmBH, auf der anderen Seite schwelt schon seit 2005. Jetzt hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des Vertriebs »gebrauchter« Softwarelizenzen zur Vorabentscheidung vorgelegt.   

Dass der Handel mit »gebrauchten« Softwarelizenzen bzw. der Weiterverkauf von Softwarelizenzen an Dritte rechtswidrig ist, bestätigte das Oberlandesgericht München am 3. Juli 2008 (Az. 6 U 2759/07). Geklagt hatte der amerikanische Software-Anbieter Oracle International Corp. als Inhaber der Urheberrechte gegen die usedSoft GmbH aus München. usedSoft ist auf den Handel mit »gebrauchten« Softwarelizenzen spezialisiert – Nutzungsrechte werden vom ursprünglichen Lizenznehmer erworben und an Dritte verkauft.

Auf die Revision der Beklagten, also usedSoft, hat der Bundesgerichtshof nun das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union einige Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Die Reaktion der Beteiligten ist erwartungsgemäß unterschiedlich: usedSoft hat die Entscheidung des Bundesberichtshofs im Oracle-Verfahren mit Nachdruck begrüßt. »Dass nun der Europäische Gerichthof ein abschließendes Urteil fällen soll, ist eine konsequente und richtige Entscheidung«, erklärte usedSoft-Geschäftsführer Peter Schneider. „Schließlich beruht der Weiterverkauf von Download-Software auf europäischen Regelungen, die auch europaweit klargestellt werden müssen.. Das ist genau das, was wir erreichen wollten, nämlich endgültige Klarheit«, ergänzte Schneider. »Wir sehen dies als wichtigen Etappensieg auf dem Weg zu einem wirklich freien Handel auch auf dem Software-Markt.«

Oracle verweist dagegen auf die bisherigen Urteile, zuletzt des OLG München. Nach dieser Rechtsprechung sei der Handel mit »gebrauchten« Softwarelizenzen, mit Lizenz-Keys oder mit rechtmäßig selbst hergestellten Sicherungskopien auf Datenträgern rechtswidrig. Bislang habe sich kein Oberlandesgericht für eine Zulassung des Handels mit »gebrauchten« Softwarelizenzen ausgesprochen.

Für Microsoft kommentierte Dr. Severin Löffler, Senior Director Legal and Corporate Affairs der Microsoft Deutschland GmbH: »Microsoft begrüßt die Vorlage zum EuGH. Da diese Frage alle Märkte Europas betrifft und die relevanten Vorschriften im deutschen Urheberrecht einer EU-Richtlinie entstammen, insbesondere der ‘Erschöpfungsgrundsatz’, kann nur der EuGH eine abschließende Entscheidung treffen. Wir erwarten, dass der EuGH der in Deutschland vorherrschenden Auffassung folgt und dem Handel mit gebrauchter Software enge Grenzen setzt. Insbesondere der Handel mit angeblich gebrauchten Vervielfältigungsrechten sollte dabei klar von der Zustimmung des Rechteinhabers abhängig gemacht werden. Dafür spricht auch das am 14. März 2010 in Kraft getretene Welturheberrechtsabkommen, kurz WCT: Die Unterzeichner des Welturheberrechtsabkommens, zu denen auch die EU und die Bundesrepublik Deutschland gehören, haben in einer gemeinsamen Erklärung zu Artikel 6 WCT unmissverständlich klargestellt, dass sich das ‘Erschöpfungsprinzip’ nur auf fixierte Werkstücke, so genannte ‘fixed copies’, bezieht, die als körperliche Gegenstände, also als ‘tangible objects’, in den Verkehr gebracht werden können. Der Handel mit bloßen Nutzungsrechten ist damit ohne Zustimmung des Rechteinhabers unzulässig. Die Vorlageentscheidung ändert nichts an dem seit Jahrzehnten geltenden Grundsatz, dass jeder, der eine vermeintlich gebrauchte Lizenz erwirbt, en detail darlegen und beweisen muss, wann diese erstmals vergeben wurde und wann sie wie über welche weiteren Lizenznehmer bis zum jetzigen, vermeintlichen Inhaber gelangt ist.«