Apple virtualisiert
Die Nachfrage nach Apple Macintosh Rechnern wächst. Gleichzeitig stehen aber viele Anwender vor dem Problem, wie sie ihre alten Anwendungen weiter nutzen können. Denn es ist eine alte Geschichte, aber sie hat immer noch Nachwirkungen: »Als wir den Mac entwickelten, haben wir ein echt geiles Gerät geschaffen: Bloß die Software haben wir vergessen«, berichtet Guy Kawasaki, einer der Gründerväter des Mac. Und noch immer sind es vor allem Grafiker und Layouter, für die Mac-Software entwickelt wird. Mit dem Wechsel von Apple zur Intel-Plattform ist es zwar wesentlich einfacher geworden, Anwendung von Windows nach Mac zu portieren. Trotzdem lohnt sich für die meisten Entwickler von Spielen und Unternehmens-Software der zusätzliche Aufwand nicht. Hier schlägt die Stunde der Emulatoren und virtuellen Maschinen: Sie ermöglichen es, Windows-Software im Original-Modus auf Macs lauffähig zu machen. Apple selbst hat das Problem erkannt und hat deshalb die Emulator-Software Boot Camp zum festen Bestandteil des Betriebssystems Mac OS X 10 gemacht. Ausdrücklich muss darauf hingewiesen werden, dass der Anwender in jedem Fall eine Vollversion von Microsoft Windows zur Hand haben muss: Das Betriebssystem wird bei keinem Emulator mitgeliefert.
Jetzt steht seit dem 18. November die Version Boot Camp 3.2 zur Verfügung, die Windows 7 (32 Bit oder 64 Bit) unterstützt. Die Version 3.2 unterstützt die ATI-Radeon HD 5870 Graphikkarte, Apple USB Ethernet Adapter sowie MacBook Air SuperDrive und enthält einige Bug-Fixes. Das funktioniert allerdings nicht auf einigen älteren iMacs und MacBooks mit Baujahr 2006 oder früher. Und bei iMacs von 2009 müssen teilweise noch Grafikkarten- und Bluetooth-Treiber zusätzlich heruntergeladen werden.
Mit Boot Camp ist es möglich, Software, die für Windows XP, Vista oder 7 geschrieben wurde, auf einem Mac laufen zu lassen. Im Gegensatz zu VMware und Parallels ist Boot Camp eigentlich kein Emulator, sondern erlaubt es, Windows-Software nativ auf Apple-Rechnern zu betreiben.
Allerdings ist es notwendig, einen Neustart durchzuführen, um von Mac OS auf Windows oder umgekehrt zu wechseln. Das kann je nach System einige Minuten dauern. Apple-Chef Steve Jobs selbst hält Boot Camp für ein großartiges Produkt, lobt aber ausdrücklich die Mitbewerber Parallels und VMware: »Es sind drei hervorragende Arten, Windows auf Mac laufen zu lassen.«
Es gibt also noch Raum für die Angebote von Drittherstellern, die mit einem höheren Leistungsumfang punkten wollen und keinen Neustart erfordern: Zu nennen sind hier zunächst Parallels Desktop für Mac 6.0 und VMware Fusion, das aktuell in der Version 3.1.1 vorliegt. Beide Programme verfolgen unterschiedliche Ansätze: Während Parallels die Funktionen des PC auf dem Mac darstellen will, sucht VMware möglichst nah am Mac OS zu bleiben. Beide unterstützen neben Windows auch Linux und einige andere Betriebssysteme. Beiden gemeinsam sind aber auch einige Beschränkungen bei schnellen Graphiken: Aktuelle Spiele, die DirectX 10 oder 11 erfordern, können nicht emuliert werden. Die Emulatoren können nur mit DirectX 9 arbeiten. Zur Spiele-Kompatibilität gibt es ein eigenes Forum bei Parallels, während VMware zuletzt im Mai eine 3D-Application-Compatibility-Liste veröffentlicht hat. Auch bei sehr graphikaufwendigen CAD-Anwendungen stößt man schnell an Grenzen, immerhin unterstützen sowohl Parallels als auch VMware die CAD-Software der Firmen Autodesk und Solidworks.
Echte Virtualisierungs-Technologie verwendet Parallels Desktop 6.0. Es ist seit Mitte September 2010 verfügbar und bietet über 80 neue und verbesserte Funktionen. Die neue Version 6.0 ist bei der Anwendungsleistung um etwa 41 Prozent schneller als der Vorgänger 5.0, die 3D-Leistung ist bis zu 80 Prozent schneller als in Parallels Desktop 5. Die verbesserte Festplatten-I/O-Performance gewährleistet bis zu 35 Prozent schnellere virtuelle Maschinen mit Windows 7, Windows Vista und Windows XP als in Parallels Desktop 5. Gemeinsame Ordner reagieren um das Zweifache schneller, auch das Starten und Ausschalten von Windows ist beschleunigt.
Weniger Zeit wird benötigt, um virtuelle Maschinen auf Macs mit leistungsstarken Konfigurationen anzuhalten und fortzusetzen. Die Software bietet jetzt volle Unterstützung für 64-Bit-Prozessoren und 5.1 Surround Sound. Auch die 3D-Grafik ist verbessert. »Wir integrieren eine komplette Grafikkarte in die virtuelle Maschine und arbeiten direkt mit Nvidia und ATI zusammen«, berichtet Sasha Uhl, Head of Sales Engineering EMEA bei Parallels.
Parallels Desktop enthält einige Dienstprogramme: Parallels Tools ist gedacht für die Integration von virtuellen Maschinen auf Ihrem Mac, Parallels Transporter für den Umzug des PCs auf den Mac und Parallels Mounter für den sofortigen Zugriff auf Dateien und Ordner der virtuellen Maschine, ohne diese zu starten.
Die virtuellen Geräte bieten jetzt Unterstützung für IPv6, die nächste Generation des Internet Protocols (IP), im gemeinsamen Netzwerkmodus, Bridged und Host-exklusiv. Außerdem neu ist die Unterstützung für die Netzwerkkarte Intel Pro/1000 (e1000) für eine bessere Netzwerkleistung und mehr Kompatibilität sowie die Intel AES-NI-Unterstützung für virtuelle Maschinen auf Macs mit Intel Core i5- und i7-Prozessoren.
Neu ist die virtuelle SATA HDD-Schnittstelle für Laufwerke von neu erstellten virtuellen Maschinen und die virtuelle SATA HDD-Schnittstelle für CD/DVD-Laufwerken von virtuellen Maschinen sowie die SATA-Emulation für die Anbindung von Festplatten in virtuellen Maschinen von Boot Camp; es ist nicht nötig ein SATA-Laufwerk in ein IDE-Laufwerk zu ändern.
Eine virtuelle USB-Maus sorgt für einen nahtlosen Übergang zwischen dem Mac und der virtuellen Maschinen (auch wenn die Parallels Tools nicht installiert sind). Verbessert ist die Handhabung der Anzeigelichter der Tastatur bei der Arbeit in Mac OS und der virtuellen Maschine und die Handhabung von Tastenkombinationen und Verknüpfungen bei der Arbeit in Mac OS und der virtuellen Maschine.
Auch in Sachen Sicherheit hat sich einiges getan: Ein zweifacher Antivirenschutz ist enthalten und ein zusätzliches Abonnement für eine Antivirenschutz-Software ist sowohl für Windows als auch für Mac verfügbar.
Die VM-Verschlüsselung mithilfe des AES-Algorithmus sorgt für einen besseren Schutz der Daten (über Intel AES-NI-Hardwareunterstützung auf i5 und i7 CPUs). Der virtuelle Prozessor unterstützt jetzt NX-Bit (No eXecute). So können Sie die Funktion Data Execution Prevention (DEP) in Windows aktivieren. Die Jugendschutzeinstellungen werden aus Mac OS automatisch für die virtuelle Maschine übernommen. Einschränkungen zur Computernutzung von Kindern und Jugendlichen, die für Mac OS festgelegt wurden, gelten somit auch in der virtuellen Maschine.
Die Programmlogik ist in einigen wesentlichen Punkten erweitert: Virtuelle Maschinen von Boot Camp können jetzt problemlos angehalten und wieder fortgesetzt werden. SmartGuard hat jetzt einen Backup-Modus, der die virtuelle Maschine für Time Machine-Backups optimiert. Der Import von virtuellen Maschinen anderer Drittanbieter wurde in die Hauptanwendung integriert. Das Parallels Image Tool wurde in die Hauptanwendung integriert: Alle Funktionen des Tools sind jetzt im Dialogfenster »Konfiguration der virtuellen Maschine« verfügbar. Parallels Transporter ist nun über die Option »Virtuelle Maschinen importieren« im Willkommensfenster oder über das Menü Datei > Import verfügbar. Die Benutzer können das Integrationslevel zwischen Windows und Mac festlegen, indem Sie beim Erstellen der neuen Windows-VM die Option »Wie auf einem Mac
« oder »Wie auf einem PC« auswählen. Wenn die virtuelle Maschine ausgeschaltet ist, können die Nutzer ihre Windows-Programme öffnen, ohne dass Elemente der Parallels Desktop-Oberfläche angezeigt werden. Im Coherence-Modus können Windows und Windows-Programme dargestellt werden, ohne dass Elemente der Parallels Desktop-Oberfläche angezeigt werden. Die automatische Erstellung des Support-Codes ermöglicht einen leichteren Zugang zum Parallels-Support. Es gibt nun neue Tastenkombination (F6 oder Fn + F6) zum Aus-/Einblenden von Parallels Desktop und den Programmfenstern und eine verbesserte Unterstützung für Boot Camp-Partitionen, die auf mehreren Festplatten basieren. Wenn ein Benutzer nach einer Zeitüberschreitung nicht auf die Aufforderungen reagiert, werden SmartGuard-Snapshots automatisch erstellt.
Außerdem neu ist ein verbessertes Verhalten der »Aktiven Bildschirmecken« im Vollbildmodus.
Es ist nun eine Skalierung der Darstellungsansicht möglich, wenn die Fenstergröße der virtuellen Maschine geändert wird, wenn die Parallels Tools nicht installiert oder inaktiv sind. Windows-Programme können als Standardprogramme zum Öffnen von CDs und DVDs festgelegt werden. Die NUM-Taste wurde zum Menü SENDEN.TASTEN hinzugefügt.
Der Zugang zu Windows-Programmen ist überall und jederzeit über die Parallels Mobile-App für iPad, iPhone und iPod Touch verfügbar. Der Windows-Programmordner im Dock enthält nun »Arbeitsplatz«, »Systemsteuerung« und andere hilfreiche Verknüpfungen, die normalerweise im Startmenü von Windows angezeigt werden. Die Programmsymbole in Windows-Programmordnern werden nicht länger durch schwarze Pfeile gekennzeichnet. Windows-Programmordner werden nicht wieder im Dock angezeigt, nachdem sie manuell entfernt wurden. Die Spotlight-Suche wird auch für Windows-Programme unterstützt. Der Fortschritt von Downloads und anderen Vorgängen wird jetzt in den Windows 7-Programmsymbolen im Dock angezeigt. Windows 7-Sprunglisten werden für Windows-Programme im Dock unterstützt: Sie können kürzlich verwendete Dokumente anzeigen, indem Sie mit rechts auf das Programmsymbol im Dock klicken. Verschiedene Fenster eines einzigen Windows-Programms werden unter demselben Programmsymbol im Dock angezeigt. Windows-Programmsymbole können so konfiguriert werden, dass sie nicht im Dock angezeigt werden. Verwenden Sie hierzu die Option »Symbole im Dock anzeigen« in der Konfiguration der virtuellen Maschine. Parallels Desktop 6 kostet 79,99 Euro für die Vollversion und 49,99 Euro als Upgrade.
Gleichzeitig mit Desktop 6 hat Parallels auch eine ergänzende, kostenlose Mobile-App für den iPad, iPhone und iPod Touch freigeben. Damit können Nutzer dieser Geräte weltweit auf Windows-Anwendungen zugreifen, die auf einem Mac laufen. Die Parallels Mobile App ist ein Client und ein Service, der auf die My Parallels Services Platform aufbaut. Damit können echte Grenzen eingerissen werden: Es ist nun kein Problem mehr, Flash-Animationen auf Apple-Mobilgeräten anzusehen und auf Outlook-Postfächer zuzugreifen.
Auch für die Server-Welt gibt es Angebote von Parallels: Der Parallels Server für Mac 4.0 erlaubt es, den Apple Xserve, der mittlerweile von Apple abgekündigt wurde, oder Apple Mac Pro in eine multi-funktionsfähige Plattform zu verwandeln, mit der Mac OS X-, Microsoft Windows- und Linux-Umgebungen parallel ausgeführt werden können. Dies erlaubt es, den Hardware-Bedarf senken und verschiedene Plattformen auf Apple-Hardware konsolidieren. Mit dieser Lösung kann die IT-Umgebung jederzeit über das Internet verwaltet werden und Selbstverwaltungs-funktionen bereitgestellt werden. Die Funktionalitäten des Mac OS/X-Servers werden so durch Linux-Anwendungen, wie z.B. Moodle, WordPress und MySQL erweitert. Dank der webbasierten Benutzeroberfläche können vollständig konfigurierte Betriebssysteme und Anwendungen in nur wenigen Minuten bereit stehen. Entwickler, die auf Mac OS X-Server-, Linux- oder Windows-Serverumgebungen angewiesen sind, können auf IT-Ressourcen on Demand zugreifen und so schneller Web- und Business-Anwendungen oder wichtigen Content programmieren. Durch übertragbare virtuelle Maschinen und integrierte Point & Click-Migrationsfunktionen werden Disaster Recovery und Failover Pläne vereinfacht.
Neu ist nun die Parallels Server 4.0 für Mac Bare Metal Edition. Diese wird direkt auf die Apple-Hardware installiert und benötigt kein installiertes Betriebssystem. Nach der Installation erlaubt der Server dem Administrator, virtuelle Maschinen zu erstellen, entweder per Command Line Interface (CLI) oder mit der Parallels Management Console. Der Administrator kann eine neue virtuelle Maschine erstellen und mit den Vorlagen für virtuelle Maschinen einen vollständig konfigurierten, sofort einsatzbereiten Server mit nur wenigen Klicks bereitstellen. Die Parallels Server 4.0 für Mac Bare Metal Edition beinhaltet ein Migrationsdienstprogramm, womit Administratoren einen existierenden physischen Server in eine virtuelle Maschine einbinden können. Dies ermöglicht Administratoren mit nur geringem Aufwand komplette Umgebungen, Applikationen & Einstellungen von einen physischen auf einen virtuellen Server zu übertragen.
In technischer Hinsicht ist VMware von der Basis her für den Mac entwickelt und nutzt die Architektur des Mac Betriebssystem Snow Leopard mit 64-Bit und nativem Support für den 64-Bit Kernel, was die Windows-Performance auf dem Mac erhöht. Bei der Graphik bietet die Software Support für OpenGL 2.1. und DirectX 9.0c Shader Model 3 und ermöglicht so den Betrieb von 3D-Windows-Spielen und Applikationen. Dies entspricht allerdings wie bei Parallels noch dem technischen Stand von Windows XP. Die Datenübertragung vom PC zum Mac ist mit einem einfachen Ethernet-Kabel möglich. Allerdings haben mehrere unabhängige Benchmark-Tests ergeben, dass die Parallels-Lösung Geschwindigkeits-vorteile gegenüber VMware Fusion hat. Das will aber VMware nicht auf sich sitzen lassen. Alexander Pantos, verantwortlich für das Business Development EMEA bei VMware, erklärt: »In einigen Bereichen haben wir auch die Nase vorn. Wichtiger als die reine Geschwindigkeit sind die drei Säulen Einfachheit, Stabilität und Zuverlässigkeit.« Ohne Parallels ausdrücklich zu erwähnen, berichtet er, es komme bei anderen Software-Lösungen vor allem bei der Verwendung von CAD-Lösungen öfter zu Abstürzen, weil der Graphikspeicher nicht sauber freigegeben werde. Als weiteren Pluspunkt führt er ins Feld, dass VMware Fusion 3 einen McAfee Virenschutz mit einer kostenfreien Ein-Jahres-Lizenz enthalte, während der Wettbewerb nur Trial-Versionen von Anti-Viren-Software beilege. Seit Oktober übernimmt der Vertriebsdienstleister Amaro alle Vertriebsaktivitäten und die Präsenzbetreuung in der DACH-Region für das Retail-Box-Produkt VMware Fusion 3.
Bis zu vier Prozessoren können in eine virtuelle Maschine einbezogen werden, Firewire-Festplatten können angesprochen werden, aber nicht Firewire-Kameras oder Drucker. Die aktuelle Version VMware Fusion 3.1.1 ist im August 2010 erschienen und unterstützt jetzt VMware vSphere 4.1 als Gastbetriebssystem, allerdings vorerst nur zu Demo-Zwecken. Bereits in der Version 3.1 ist die Geschwindigkeit von Boot-Camp virtuellen Maschinen um den Faktor Fünf beschleunigt worden. Die Migration vom PC zum Mac mit dem Migate your PC Assistenten ist erleichtert worden. Die Geschwindigkeit einiger Spiele ist bis auf das zehnfache beschleunigt worden. Als Gastbetriebssysteme werden jetzt auch die Linux-Varianten Ubuntu 8.0.4.4: 32- und 64-bit, Ubuntu 10.04: 32- und 64-bit (noch in Beta), SUSE Linux Enterprise Desktop 11 Service Pack 1: 32- und 64-bit, SUSE Linux Enterprise Server 11 Service Pack 1: 32- und 64-bit sowie RHEL 5.4: 32- und 64-bit unterstützt. VMware Fusion ist darüber hinaus nicht mehr das einzige Produkt aus dem eigenen Stall, das den Mac unterstützt. Auch VMware View enthält seit der jüngst vorgestellten Version 4.5 einen Mac Client, der es Mac-
Anwendern erlaubt, auf gehostete Windows virtuelle Desktops zuzugreifen und damit die in vielen Unternehmen geltende »Kaufen Sie sich ihren eigenen Rechner« Politik unterstützt.