Das Kerngeschäft im Steilflug, aber die IT kurz vor dem Absturz: Der lukrative Auslandsjob, den Top-Manager Patrick Naef im wirtschaftlich damals geradezu explodierenden Dubai bei der Fluggesellschaft Emirates im Jahr 2006 antreten durfte, hatte bei näherem Hinsehen eher den ernüchternden Anschein einer (unverdienten) Strafversetzung: Zwar befand sich das Passagieraufkommen in einer Boom-Phase, doch machten IT-bedingte Pannen dem Flugplan viel zu häufig einen Strich durch die Rechnung. Das konnte auf die Dauer nicht so bleiben, zumal das für die IT zuständige Tochterunternehmen Mercator, als dessen Geschäftsführer Naef das Ruder in die Hand bekommen hatte, auch noch für andere Aufraggeber tätig ist und dabei angehalten ist, erfolgreich und profitabel zu arbeiten.
Als erstes begann der diplomierte Informatiker und erfahrene IT-Manager mit einer Bestandaufnahme der Ursachen: Die IT-Infrastruktur des erfolgreichen Luftfahrtunternehmens war – offensichtlich wegen ihres sehr schnellen Wachstums – unkontrolliert und mehr oder weniger unreflektiert gewuchert und präsentierte sich somit extrem heterogen, chaotisch und schlecht beherrschbar. Außerdem konstatierte Naef ein, wie er aus seinem organisationspsychologisch geschulten Denken heraus sehen konnte, problematisches Betriebsklima in Form einer »stark hierarchisch geprägten Angstkultur, eines ausgeprägten Gärtchendenkens und einer Schuldzuweisungskultur«, naheliegender Weise mündend in »hohe Fluktuation, fehlende Offenheit, Kommunikation und Fairness.« Naef entschied sich für ein radikales Umkrempeln der Strukturen.
Als Absolvent des exklusiven Managerstudiengangs EMBE (»Executive Master of Business Engineering«) an der Universität St. Gallen hatte er für seine selbstgewählte Aufgabe ein besonderes Rüstzeug an der Hand: Die hoch angesehenen Wissenschaftler in dem gemütlichen Schweizer Städtchen haben einen Ansatz entwickelt, der Methoden und Modelle aus dem Ingenieurwesen mit typischen Anforderungen des Managements ebenso sinnvoll wie effizient verbindet. Berücksichtigt wird dabei nicht nur die Kombination von Strategie-, Prozess- und Systemebene, sondern auch »weiche« Faktoren des Change Managements wie die Motivation von Mitarbeitern, Führung und Kommunikation. Die St. Gallener EMBE-Absolventen, die bei Antritt ihres exklusiven Aufbaustudiums grundsätzlich bereits mehrere Jahre als Manager in Unternehmen gearbeitet haben müssen, sollen nach ihrer Ausbildung fähig und bereit sein, Problemfelder frühzeitig zu erkennen und das Potenzial für erfolgreiche Neuorientierungen zu nutzen. So wurde erst im vergangenen Jahr mit Charles Flükiger von der Comet AG ein Absolvent (und mittlerweile auch Dozent) der St. Gallener Elite-Universität mit dem renommierten Swiss Technology Award ausgezeichnet.
Vor diesem Hintergrund verfolgte Naef einen ganzheitlichen Ansatz, um die Organisation des ihm anvertrauten Unternehmens im Sinne einer kundenorientierten IT-Organisation grundlegend zu verändern. Alle an diesem Transformationsprozess beteiligten Mitarbeiter suspendierte er konsequent vom Tagesgeschäft. Wichtig war Naef allerdings auch eine jederzeit offene Kommunikation mit allen Mitarbeitern über die jeweils aktuellen Phasen des Umbaus. Als Ergebnis konnte er die Zahl der durch IT-Probleme verursachten Flugverspätungen signifikant reduzieren. Die – konsequenterweise auch mit Entlassungen verbundene – Umstrukturierung des Unternehmens liess die desolate Unternehmens-IT wie einen Phönix aus der Asche aufsteigen.
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