Herr Heij, die Nachrichten aus Indien über Satyam waren in den vergangenen Monaten alles andere als erhebend. Noch einmal kurz zusammengefasst: Was ist da eigentlich passiert?
Nun ja, auch ich habe die schockierenden Nachrichten am 7. Januar zunächst mal ungläubig am Bildschirm registriert. Da war die Rede von Bilanzfälschung und einem Brief unseres Chairman Ramalinga Raju an den Vorstand, dass er sich trotz der anscheinend zutreffenden Vorwürfe persönlich nicht bereichert habe. Etwa einen Monat zuvor, am 16. Dezember 2008 hatte Satyam ja offiziell die beiden Immobilien-Unternehmen Maytas Infra und Maytas Real Estate übernommen – für einen Preis von 1,6 Milliarden Dollar. Das kam mir gleich merkwürdig vor, denn ein derartig großes Investment in eine fremde Branche wie diese erschien mir strategisch nicht unbedingt sinnvoll.
Wie Phönix aus der Asche: Satyam Europa-Chef Peter Heij will Kunden zurück- und hinzugewinnen
Wie sich bald herausstellte, gehörten diese Firmen bereits der Familie Raju, Maytas ist übrigens Satyam von hinten gelesen. Tatsächlich sollte auch gar kein Geld fließen, sondern nur die Bilanzen geschönt werden. Der Markt hat es ebenfalls nicht verstanden, unser Aktienkurs stürzte sofort ins Bodenlose. Auch die Rücknahme des Kaufs konnte daran nichts mehr ändern. Raju musste einräumen, dass er mit seinem eigenen Aktienpaket fragwürdige Immobiliengeschäfte finanziert und offensichtlich Pech gehabt hatte. Das Finanzloch nährte dann Presseberichte, dass die Januar-Gehälter in Gefahr wären. Die indische Regierung griff ein und entließ den gesamten Vorstand. CEO, CFO und COO landeten im Gefängnis – eine Katastrophe für das Unternehmen.
Aber irgendwie geht es nun doch weiter?
Wir haben einen 100-Tage-Plan gestartet, sozusagen unsere Feuerlösch-Phase. Nach dem 7. Januar kamen Wirtschaftsprüfer ins Haus, von Deloitte und Ernst & Young. Die indische Regierung setzte einen neuen Vorstand aus angesehenen, gut beleumundeten Persönlichkeiten ein. Wir haben hier in Europa zunächst alle unsere Kunden besucht und natürlich auch mit den Mitarbeitern gesprochen. Der Kreislauf aus bestehenden und neu hereinkommenden Aufträgen sowie deren Bezahlung musste unbedingt aufrechterhalten bleiben, das war eine existenzielle Frage. Ausstehende Rechnungen, immerhin 350 Millionen Dollar, waren einzutreiben. Der Immobilienbestand von Satyam wurde zudem als Sicherheit anerkannt. Sowohl Kunden wie Mitarbeiter mussten bei der Stange gehalten werden. Die Krise hat uns dabei durchaus ein bißchen geholfen. Denn normalerweise wären zum Beispiel unsere Mitarbeiter sofort auf und davon gewesen.
In Amerika und Asien haben wir leider Kunden verloren, aber in Europa nicht. Allerdings: Das Neukundengeschäft war zunächst mal erledigt. Die Marke war einfach zu stark beschädigt. Nachdem unsere Geldgeber abgesprungen waren, musste ein neuer Majority Shareholder gefunden werden. Ein pensionierter Richter hat diesen Prozess überwacht, um unseriöse Interessenten herauszufiltern.
Acht Unternehmen kamen schließlich in die engere Wahl. Am 13. April erhielt Tech Mahindra den Zuschlag für 350 Millionen Dollar. Sie erwarben damit 31 Prozent des Unternehmens. Es wurden neue Aktien ausgegeben. Tech Mahindra hat dann noch 20 Prozent hinzugekauft, um die Mehrheit zu erhalten. Es handelt sich übrigens um eine Tochter des Mahindra-Konzerns, der neben IT noch in den Bereichen Automotive und Landmaschinen sowie vielen anderen aktiv ist und ein Joint Venture mit British Telecom (BT) eingegangen ist. Durch den europäischen Partner ist Tech Mahindra vor allem auf Telko-Lösungen spezialisiert und das Europageschäft spielt eine sehr große Rolle. Mit dem bisherigen Satyam-Geschäft gibt es praktisch keine Überschneidungen, wir werden uns ideal ergänzen und natürlich auch Cross-Selling praktizieren.
Spektakulärer Absturz vom Selfmademan zum Untersuchungshäftling: Firmengründer Ramalinga Raju im Jahr 2008 bei einer Bilanzpressekonferenz
Bis Ende Juni werden wir eine neue Strategie und einen Integrationsplan entwickeln, die beiden Firmen laufen voraussichtlich noch 24 Monate nebeneinander, weil zum Beispiel in den USA noch Prozesse anhängig sind. Auch einen neuen Namen werden wir kreieren, wobei wir die erfolgreiche alte Marke nicht aufgeben möchten. Mahindra-Satyam wäre daher eine mögliche Option. Dann müssen wir eingefrorene Aufträge wieder beleben, zu den Kunden gehen, neues Vertrauen aufbauen, da haben wir einiges zu tun, keine Frage. Obwohl die Qualität unserer Dienstleistungen ja nie in Frage stand.
Was war denn eigentlich schlimmer für das Unternehmen, das plötzlich fehlende Geld oder der Imageschaden?
Das fehlende Geld war schon eindeutig unser Hauptproblem. Wir hatten nur noch 50 Millionen Rupien, also 1 Million Euro, sehr wenig. Und die Banken wollten uns nichts mehr geben.
Der Firmengründer hat also sein eigentlich gesundes Unternehmen beinahe ruiniert?
Wir sind schon alle ziemlich böse auf Raju. Alle hielten ihn für eine tolle Persönlichkeit, bescheiden aber hochkompetent. Ich selbst war von ihm begeistert. Und sein soziales Engagement war ebenfalls anerkannt. Aber es handelt sich um ein schwebendes Verfahren, bei dem vielleicht noch nicht alles gesagt ist. Der große Knall hat im Übrigen etwas Positives gehabt: Die Börsengesetze in Indien wurden verschärft, man kann aus dem Fall ja nur lernen.
Noch einmal zu den Perspektiven des quasi wiedergeborenen Unternehmens: Das Billiglohnland Indien bekommt ja auch im Outsourcing-Geschäft mittlerweile Konkurrenz, die Gehälter und Ansprüche in den indischen Hightech-Zentren steigen. Wie wappnen Sie sich?
Für Indien spricht immer noch, dass wir hier ein hohes Potenzial an gut ausgebildeten Menschen haben, die zudem ein gutes Englisch beherrschen. Indien ist im Gegensatz zu manch anderen Ländern eine stabile Demokratie, das Ergebnis der letzten Wahl lässt zudem auf neue Impulse für das Wirtschaftsleben hoffen. Die Regierung erwartet in diesem Jahr 6 Prozent Wachstum – gegenüber 8 Prozent im Vorjahr ist im Vergleich zur Weltwirtschaft das immer noch ganz gut.
Aber wir reagieren durchaus auf Marktbewegungen und haben deswegen schon Standorte in China – mit rund 3000 Mitarbeitern -, Ägypten, Brasilien oder auch in Budapest gegründet. Denn unser Europageschäft ist uns sehr wichtig und hat seit jeher große Zuwächse – von ursprünglich 10 auf 22 Prozent des Gesamtumsatzes. Wir sehen hier nach wie vor große Potenziale für Outsourcing und Offshoring nicht nur in Deutschland, sondern auch beispielsweise in Frankreich und weiteren europäischen Ländern. Deutschland ist aber unser wichtigster Markt. Wir adressieren hier große Unternehmen, aber auch den gehobenen Mittelstand. Die Besitzer- und Entscheidungsstruktur stellt hier allerdings besondere Herausforderungen, kulturell und sogar sprachlich.
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