Canalys Channels Forum: Muss jeder dritte Reseller aufgeben?
Zeit für einen längeren Urlaub?
Chef-Analyst Steve Brazier: Zeit für einen längeren Urlaub?
Die Krise hat die IT erwischt keine Frage. Investitionen werden zurückgehalten und der Consumer-Markt macht selbst dann wenig Freude, wenn er (noch) zu funktionieren scheint. Wenn aber zu bescheidenen Margen stagnierende Aufträge hinzukommen, wird die Luft für manchen Anbieter schnell gefährlich dünn.
Canalys-Chef Steve Brazier, der zumindest im optischen Auftreten sehr an den derzeit starken Mann in Frankreich erinnert, gab den versammelten Anwesenden aus Europa und angrenzenden Kontinenten denn auch eine Keynote mit auf den Weg, die sich gewaschen hatte: Optimismus ist keine Lösung, so das provokante Credo – wer auf bessere Zeiten wartet, ohne sein Geschäft zu überdenken, wird nicht überleben. Jedem dritten Reseller, so Brazier wird das in diesem Jahr passieren, der Markt konsolidiert sich – und zwar auf Kosten der »Faulen« und Phantasielosen, so die unschmeichelhafte Analyse.
Andererseits, so Brazier ironisch, wäre dies ein feiner Moment, um einen längeren Urlaub zu machen: Geschäftlich bewege sich ja gerade nicht viel. Wer aus dem Urlaub mit frischen, guten Ideen zurückkomme, könne das Ruder vielleicht herumreißen. Doch Resignation widerspräche natürlich dem nutzwertig angelegten Charakter einer solchen Veranstaltung, die mit dem Keynote-Motto »industry wealth, health and happiness« ganz im Gegenteil den Weg aus der Krise zeigen sollte. Um die guten Ideen ging es dementsprechend an den angebrochenen anderthalb Tagen bei den folgenden Vorträgen.
»Optimismus ist keine Lösung«
Trotz Krise in den Business-Markt?
Während HPs Channel Director EMEA Tom Yeates wieder einmal den kleinen und mittleren Unternehmenskunden, also das vielbeschworene SMB-Segment entdeckte, verwies Gianpiero Morbello, Vice President des gerade in Italien stark positionierten Herstellers Acer auf die soeben neu gegründete Handelsmarke Gateway für Professional Hardware-Produkte.
Gianpiero Morbello, Vice President von Acer: Gateway für Unternehmen
Angesichts der aktuellen Zustände mag diese Initiative zur Unzeit kommen, wie mancher der Anwesenden meinte – die Krise hat eben wohl auch manche längerfristigen Planungen kalt auf dem falschen Fuß erwischt, wie man sieht. Im übrigen ist es ja nicht das erste Mal, dass sich der taiwanesische Hersteller mit dem italienischen Management mutwillig in verschiedene Marken zersplittert.
Als einziger Präsentator unter explizitem Ausschluss der Presse verhandelte Apple seine Visionen für den Channel – Geheimniskrämerei gehört ja zu den besonderen Attributen des einst beinahe abgestürzten, dann mit trendiger Unterhaltungselektronik und hübschen kleinen Telefonen wiedererstarkten Herstellers aus dem Hippiestaat Kalifornien – der seine Erfolge vielleicht nicht zuletzt der großen Sympathie und Medienpräsenz verdankt, die geneigte Journalisten den Produkten und dem charismatischen Ober-Apple Steve Jobs angedeihen lassen.
Wie man am nächsten Tag beim Frühstück erfahren konnte, muss es wohl um eine beabsichtigte Rückkehr in den Business-Markt gegangen sein. Mit Faktoren wie Qualität und leichte Bedienbarkeit sollen die hochpreisigen Rechner aus Cupertino angeblich auch im Büro eine Chance haben – man wird sehen, inwiefern nicht bloß der Chef-Schreibtisch mit iPhone und MacBook geschmückt wird.
Mobil in der Wolke nach Umsätzen googeln
Doch wie findet man nun die wirklich profitablen Geschäftsfelder? Ein Tagungsteilnehmer aus dem Westerwald erzählte gutgelaunt, wie er Behörden und Krankenhäusern sichere Netzwerke nicht nur verkauft sondern auch einrichtet.
Mobile Virtualisierung hieß dagegen das Schlüsselwort des Canalys-Analysten Andy Buss, der iPhone & Co in entsprechende Konzepte einbinden will. Das grüne Rechenzentrum propagierte Michael Niotakis vom Energy-Supply-Spezialisten APC. Und auch die Wolke des Cloud Computing schwebte als Vision über den Köpfen des Auditoriums, nicht zuletzt beschworen von Googles Channel-Direktor Stephen Cho, der die gewinnbringenden Möglichkeiten aufzeigte, mit Hilfe von Google Apps Kunden zu finden.
Wie es mit dem einst größten PC-Hersteller auf dem deutschen Markt, Fujitsu-Siemens nach der Aufsplittung weitergeht und was dies für die Partner bedeuten mag, ist indessen immer noch nicht ganz klar.